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Spaziergang
auf der
Petrograder Seite

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Geführter Spaziergang auf der Petrograder Seite in St. Petersburg

Sie sind nicht zum ersten Mal in Sankt Petersburg?
Sie haben schon genug von großen Zaren gehört, prächtige Räume von adeligen Palästen gesehen und jetzt würden gerne etwas Moderneres in Sankt Petersburg kennen lernen? Die heutige Petrograder Seite ist ein Teil des Stadtzentrums, trotzdem ist der Unterschied zu den anderen Bezirken gravierend. Hier verflechten sich vier Jarhunderte: auf dem Dreifaltigkeitsplatz neben der Peter-Paul-Festung sind die Spuren der Zeit Peters des Großen zu finden, den Kamennoostrovskij Prospekt entlang stehen luxuriöse Wohnhäuser im Jugendstil, dazu kommt stalinistischer Konstruktivismus und zweideutige Architektur unserer Zeit. Entdecken Sie die schönsten und stimmungsvollsten Brunneninnenhöfe, besichtigen Sie die interessantesten Mietshäuser: das Haus der drei Benois und das Haus von Kolobov, schauen Sie in das erste Kino hinein!

Die wichtigsten Sehenswürdigkeiten:
1. Der Dreifaltigkeitsplatz. 2. Der Dreifaltigkeitsplatz. 3. Das Haus von Matilde Kschessinskaja.
4. Die Moschee. 5. Ida Lidvalls Haus. 6. Das Gebäude von Lenfilm. 7. Der Österreichische Platz.
7.1. Das Mietshaus von Kehldal. 7.2. Das Mietshaus von Ernst von Lipgart.
7.3. Innenhöfe und das Haus des Hausmeisters. 8. Der Konstruktivismus, das Umspannwerk, Lenin-Straße 4.
9. Das Badehaus der Fürsten Beloserski, Paul Suzor. 10. Das Mietshaus Kolobovs. 11. Der Matthäus-Garten.
12. Das Haus von drei Benois. 13. Von der Barmaleev-Straße zum Großem Prospekt.
14. Das Lachta-Zentrum. 15. Die Gazprom-Arena.

1. Der Dreifaltigkeitsplatz

Der Dreifaltigkeitsplatz gehört zum ältesten Teil der Stadt. Hier standen schon während des Baus der Peter-Paul-Festung eine Kirche, ein Kaufhof, Verwaltungsgebäude, eine Druckerei, erste Wohnhäuser, Herbergen und Badestuben. Als Denkmal dem Siege über Schweden bei Wyborg im Jahre 1710 war hier eine Holzkathedrale gebaut, die der heiligen Dreifaltigkeit geweiht war. Nach dieser Kathedrale bekam der Platz seinen Namen . Aber kein einziger Bau aus jener Zeit steht heute auf dem Platz, viel zu oft waren hier Feuersbrünste. Obwohl gerade hier das ursprünglliche Sradtzentrum geplant war, stand der Platz lange Zeit leer. Dazu gibt es folgende Gründe. Erstens liegt hier die Festung, die einen grossen Raum für mögliche Kanonenschüsse braucht. Wir waren doch im Krieg mit Schweden, eventueller Feind sollte direkt aus dieser Richtung kommen. Rund herum waren Kasernen von verschiedenen Regimenten. Zweitens ist es eine Insel, das heißt, die Lieferung von Baustoffen war teuer und schwierig. Seit dem Ende des 18. Jahrhunderts und fast während des gesamten 19. Jahrhunderts war die Petrograder Seite ein Gebiert von Sommerhäusern und Landgütern. Beamte, Industrielle, Architekten und Wissenschaftler im Ruhestand ließen sich hier nieder. Das hat dazu geführt, dass Mitte des 19. Jahrhunderts die Petrograder Seite ein wenig angesehener und unbebauter Teil der Stadt war, der als Peripherie, als Vorort wahrgenommen wurde.
Aber am Ende des 19. Jahrhunderts ändert sich die Situation jedoch rasant. Ab den 1870er Jahren wurde die Hauptverkehrsader der Petrograder Seite schrittweise ausgebaut: den Kamennoostrovskij Prospekt entlang wurden eine Pferdestrassenbahn, eine Leitung für die Wasserversorgung und das Abwasser verlegt. Auf den Inseln erschienen immer mehr moderne Steingebäude, die schlichte Holzgebäude ersetzten. Erst 1903 zum 200. Geburtstag der Stadt wurde die Petrograder Seite mit dem Festland der Großen Seite durch eine feste Brücke verbunden; die sehen Sie vorne. Zuvor hatte man Pontonbrücken verwendet. In einem internationalen Wettbewerb gewann die Firma Gustave Eiffels den ersten Preis, statt des Eiffelturm-Erbauers bekam jedoch nach einem zweiten Wettbewerb einer seiner französischen Konkurrenten den Auftrag. Noch heute fällt der vom Jugendstil beeinflusste Dekor des mächtigen, 582 m langen Bauwerks ins Auge. Und die ganze Petrograder Seite ist im wunderschönen Jugendstil gestaltet. Das stellen Sie selbst ein bisschen später fest.
Vom Dreifaltigkeitsplatz beginnt die Hauptstraße, die zu den Apotheken- und Steinernen Inseln führt. Diesen Weg nehmen wir auch. Während wir durch den Platz gehen, schauen Sie nach rechts. Das graue Wohnhaus war in den 1930-er Jahren für politische Zwangsarbeiter der Zarenzeit errichtet. An das trübe Schicksal der ersten Bewohner dieses ebenso modernen wie geschichtsträchtigen Gebäudes erinnert eine Gedenkplatte im Innenhof – und allen Repressionsopfern der Stalin-Zeit wurde ein Gedenkstein unmittelbar im Park davor gesetzt: Es handelt sich um einen Findling von den Solowezki-Inseln, wo Stalin das erste Gulag einrichten ließ. Daneben steht das Gebäude eines Projektierungsinstituts mit den zahlreichen Säulen – typisch für die Architektur 1950-er Jahre (Gurjew, Lukin, Stscherbjonok).

2. Das Haus der politisch Gefangenen

Das ist ein Haus im Stil, der Konstruktivismus heißt. Es steht gar nicht weit von der Peter-Paul-Festung. In der Zarenzeit war das der Platz für Gefangene und ihre Familien. Nach der Revolution wurde für sie im Jahr 1933 ein neues Haus gebaut. Einerseits diente es den Zielen der Propaganda. Auf solche Weise wurde gezeigt, dass diejenigen, die unter den Zaren gelitten hatten, haben jetzt ihren Platz unter der Sonne gefunden. Andererseits musste dieser Ort ein Vorbild für das kollektivistische Leben sein. Gerade in dieser Zeit haben sich die Architekten mit Projekten der Gemeinschaftswohnungen beschäftigt. Wenn Sie in Wien waren, haben Sie vielleicht den Karl-Marx-Hof gesehen, der direkt im Jahr 1927 vollendet wurde. Den Kritikern hat dieses Gebäude nicht gefallen. Sie schrieben, dass die Gefangenen sich schon in der Zarenzeit ans Gefängnis gewohnt haben und deswegen ist dieses Haus wunderbar für sie. Der Vergleich mit dem Gefängnis kann man verstehen. Graue traurige Farbe und sehr strenge Form rufen bestimmte Assoziationen hervor.
Das Innere des Hauses war auch an die neue kollektive Ideologie angepasst. Insgesamt gibt es 144 Wohnungen mit verschiedener Zahl von Zimmern, von zwei bis fünf. Jede Wohnung wurde mit einer Badewanne und warmem Wasser versehen. Jedoch gab es keine Küche. Wo haben denn die Einwohner gegessen, würden Sie fragen. Im Erdgeschoss gab es eine gemeinschaftliche Kantine. So war die Idee: der neue sowjetische Mensch durfte nicht zu Hause allein bleiben. Das ganze Leben musste wie auf der Vitrine sein. Aufgestanden, zusammen mit anderen Morgengymnastik gemacht, zusammen zum Frühstück gegessen und zur Arbeit gegangen. Und auch seinen eigenen Feierabend musste man zusammen mit anderen verbringen. Es gab einen Klub, eine Bibliothek, ein Theater, ein Solarium und eine Aussichtsplattform auf dem Dach. Wenn jemandem es nicht gefiel, war das sein persönliches Problem. Auch seine Wäsche musste man mit den anderen im Keller in einer großen Wäscherei waschen. Wenn man mit anderen nicht ständig war, könnte man glauben, dass man etwas zu verstecken hat, etwas, was die anderen nicht sehen dürfen, hat.
Klingt eher antiutopisch und deswegen hat man später diesen Fehler anerkannt und das Haus umgebaut.
Eigentlich war das Schaffen von Architekten Simonow, Abrosimow und Chrjakow die letzte Periode der Blütezeit des Konstruktivismus in Russland. Fast gleich nachdem das Haus vollendet wurde, kam es zu einer politischen Wende. Stalin kam zur Macht und während seiner Regierungszeit entstanden schon ganz andere Architekturensembles, die man bis heute noch Stalin-Ampir nennt. Wenn Sie schon in Peterhof waren, mussten Sie auch diese Bezirke kennen gelernt haben.
Wenn man von Stalin spricht, erinnert man sich auch an Repressalien. Und die Menschen, die gestern Schulter an Schulter Revolution gemacht haben, die als Hoffnung auf die helle Zukunft verstanden wurden, fielen plötzlich in Ungnade. Sie wurden als Volksfeinde erklärt. Das war die Zeit der politischen „Säuberungen“. 132 Familien aus diesem Haus wurden verbannt oder verhaftet. Auf solche Weise wurden die ehemaligen Feinde des Zaren wiederum politische Verbrecher. Tag und Nacht hatten sie Angst vor jedem Klopfen und Geräusch, denn der allwissende Geheimdienst NKWD konnte jede Zeit kommen. Man erzählt auch eine traurige Anekdote, dass eines Tages die wenigen übrig gebliebenen Bewohner Klingeln und lautes Klopfen an der Tür hörten, doch aus Furcht vor einer weiteren Verhaftungswelle rührte sich niemand von der Stelle. Da erlöste sie die Stimme des Hausmeisters aus ihrer tödlichen Angst: „Kein Grund zur Panik, Bürger, es ist nur die Feuerwehr, es brennt im ersten Stock!“
Das Gebäude, wo einmal so ein interessantes Experiment durchgeführt wurde, dessen Einwohner so ein kompliziertes Schicksal hatten, ist heutzutage ein ganz gewöhnliches Wohnhaus. Nur die Schilder an der Mauer erinnern heute hoch an die Geschichte von den dunklen Zeiten.

3. Das Haus von MatildeKschessinskaja

Wir stehen an der Ecke der Kuibyschew-Strasse, vor uns liegt ein Palais im Jugendstil, das 1904-1906 vom Architekten Alexander Gogen gebaut wurde. Es gehörte der Primaballerina Matilde Kschessinskaja. Die Ballerina Matilda Kschessinskaja soll die Freundin von Nikolaus II. gewesen sein, als er noch Thronfolger war; er habe ihr die Villa erbauen lassen. In der Emigration heiratete sie seinen Vetter Andrej. 1917 nach Paris emigriert, leitete sie dort eine Ballettschule und starb 99jährig im Jahr 1971. Unmittelbar nach seiner Rückkehr aus der Emigration hielt Lenin in der Nacht vom 3. auf den 4. April 1917 eine flammend revolutionäre Rede vom Balkon der Kschessinskaja-Villa. 1957 wurde das Haus Revolutionsmuseum. Im Zeichen der Perestroika hat man das Museumsprogramm 1991 geändert. Heute befindet sich hier das Museum der politischen Geschichte Russlands. Die Ausstellung ist sehr modern stilisiert und erzählt ganz detailliert über drei russische Revolutionen, die Sovjetzeit und die Zeit der Perestroika.

4. Die Moschee

In dieser Gegend waren viele muslimische Tataren, die in der Nähe von der Peter-und-Paul-Festung siedelten. Moslems arbeiteten schon beim Bau der Peter-Paul-Festung mit, Tataren gehörten zur verlässlichen Dienerschaft Peters des Großen. Die Moschee wurde auf Kosten der muslimischen Gemeinde 1910-1914 errichtet, in Anlehnung an das Gur-Emir-Mausoleum in Samarkand (15 Jh.). Wunderschön sind heute noch die farbigen Kacheldekore mit arabischer Schrift um das Portal und das blaugoldene Kachelornament in der Gebetnische. Die Architekten der Moschee waren N. W. Wasiljew, A. J. Gogen und S. S. Kritschinskij.

5. Ida Lidvalls Haus  

Die stabile Verbindung mit dem Zentrum machte die Petrograder Seite für Bürger und Bauherren sehr interessant und nach 1903 gab es auf den Inseln einen richtigen Bauboom, der bis zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs andauerte. In dieser kurzen Zeit hat sich die Petrograder Seite von einem trüben Stadtrand zu einem blühenden Gebiet entwickelt. An der Stelle der ehemaligen Datschen und Holzhäuser wuchsen wunderschöne Mietshäuser, in denen die Elite der Hauptstadt lebte: Staatsmänner, Künstler, Wissenschaftler. Moderne Häuser im Stil des Neoklassizismus und des nördlichen Jugendstils wurden zu einer echten Dekoration von Petersburg. Während des Baus wurden die neuesten Bautechnologien verwendet. Die neue Freiheit erlaubte den Architekten ihre Fantasien in Gebäuden vollständig zu verwirklichen. Einer der ersten Architekten, der hier zu schaffen begann, war Johan Fredrik Lidvall. Eigentlich war er der erste Architekt in seiner Familie. Sein Vater war ein bekannter Schneider, hatte sogar seine eigene Schneiderei Iwan Petrowitsch Lidvall und Söhne. Am 1. März 1881 wurde der Zar Alexander II. plötzlich getötet, für Trauerzug brauchte man viele Anzüge in kurzer Zeit. Auf solche Weise wurde Herr Lidvall Hoflieferant und zum ersten Mal in der Geschichte hat er die Anzüge nicht individuell für jeden genäht, sondern hat drei Größen gestaltet, die wir ungefähr mit unseren heutigen S, M und L vergleichen können. Also war das eine kreative und wohlhabende Familie, die den Söhnen eine gute Ausbildung geben konnte. Und Johan Fredrik Lidvall hat Architektur gewählt, hat in der Architekturabteilung der Kaiserlichen Akademie der Künste studiert und im Atelier von Leonti Benois gearbeitet. Merken Sie sich diesen Namen, Benois, ich erwähne ihn noch später. Lidvall war er ein lebhafter Vertreter des nördlichen Jugendstils. Seine Suche in diesen Jahren steht den Bestrebungen der skandinavischen und finnischen Architekten nahe. Gleichzeitig widersprachen die Gebäude von Lidval nicht dem historischen Erscheinungsbild der Stadt. Seinen ersten Auftrag hat ihm seine eigene Mutter, Ida Lidvall gegeben. Was für unterstützende Eltern! Und dieses Haus ist ein gutes Beispiel für ein Wohnhaus im Jugenstil. Das Gebäude besteht aus vier Blocks mit unterschiedlichen Stockwerken, die mit einem Ehrenhof verbunden und von der Allee mit einem schmiedeeisernen Gitter auf den Säulen aus rotem finnischem Granit getrennt sind. Beim Bau des Gebäudes versuchte Lidval, die übliche Ebenheit und Symmetrie zu überwinden. Der mittlere Giebel und die breiten Fenster sind von der Mittelachse versetzt. Das Untergeschoss ist nicht durch horizontale Zugkraft, sondern durch eine Wellenlinie getrennt. Die Erker wiederholen sich nicht: die linke Seite ist abgerundet, die rechte Seite ist dreieckig. Das Zentralgebäude ist ebenfalls asymmetrisch im Grundriss, aber der Hauptteil seiner Hauptfassade hat eine symmetrische dreiachsige Struktur. Bei der Gestaltung der Fassaden werden häufig dekorative Motive des nördlichen Jugendstils verwendet: Skulpturreliefs mit Vögeln, Tieren und stilisierten Pflanzen. In der Mitte der Reliefdekoration über dem Zentralportal das Datum der Vollendung 1902. Rechts vom Datum befindet sich ein Kiefernzweig mit Zapfen, einem Waldvogel und zwei Hasen. Links vom Datum sind Blätter, ein Luchskopf mit offenem Mund und eine Eule. Ganz oben in der Mittelzange ist eine hochreliefierte Uhu mit ausgestreckten Flügeln. In der zweiten Etage liegen zu beiden Seiten des Gebäudes Balkone mit einem Gitter in Form eines Spinnennetzes, an den Seiten der Gitter sind Sonnenblumen abgebildet. Die schmiedeeisernen Geländer des Balkons im ersten Stock sind in Form des Buchstabens „L“ (Lidvall) ausgeführt. Über dem vorderen linken Gebäude sind Bilder von fantastischen Fischen zu sehen, die sich Delphinen ähneln. Die Wände und die Eingangstür sind mit Reliefs verziert, auf denen Farnblätter, Fliegenpilz, Morcheln, Tulpen, Sonnenblumen und wilde Beeren abgebildet sind.
Trotz der Tatsache, dass der Grundriss des Hauses eine unregelmäßige Form hat, gelang es Lidvall, auf Räume mit scharfen und stumpfen Ecken zu verzichten. Alle Wohnungen waren gleichermaßen gepflegt und unterschieden sich nur in der Größe. Jedes Gebäude hatte Räume für Träger, Hausmeister und Fahrer, Empfangsräume, Wäschereien, Bügelmaschinen, elektrische Beleuchtungs- und Warmwasserbereitungsmaschinen sowie Aufzüge. Das Lidvall-Haus ist ein Beispiel für einen malerischen und zugleich funktional integrierten Stadtbau, in dem künstlerische und technische Fähigkeiten traditioneller und neuer Baukunst genutzt wurden.
Nach Lidvalls Projekten wurden in Petersburg mehr als 30 Gebäude gebaut. Übrigens, Lidvalls Schwager Konstantin Eilers war auch ein bedeutender Architekt. Gerade nach ihrem gemeinsamen Projekt wurde das Hotel Astoria gebaut, dass am Anfang des 20. Jahrhunderts zum schönsten Hotel in der Stadt erklärt wurde. Wie viele andere Adelige musste auch Lidvall nach der Oktoberrevolution alles lassen und migrieren. Den Rest seines Lebens verbrachte er in Stockholm, wo er sich vergessen und isoliert fühlte.

6. Das Gebäude von Lenfilm

Jetzt nähern wir uns dem Gebäude von Lenfilm. Das ist eines der größten Filmproduktionsunternehmen Russlands, das aus dem ältesten Filmstudio des Landes hervorging. Alles begann nämlich mit dem Petersburger Kaufmann Georg Alexandrov, dessen Mutter Häuser 10-16 am heutigen Kamennoostrovskij Prospekt besaß. Der unternehmerisch geprägte Sohn beschloss diese Immobilien so rentabel wie möglich zu gestalten. Auf einem relativ kleinen Grundstück öffnete er 1904 einen Markt. Auf diesem Markt konnte man fast alles kaufen. In den Läden wurde mit Schuhen, Körben, Früchten, Kurzwaren, Tabak, Scharfwaren, Geschirr, Milch, Hühnern, Wild, Fleisch, Tee und Zucker gehandelt. Es gab auch eine Taverne und einen Frisörsalon (heuzutage ist in diesem Gebäude Lenfilm-Pavillon Nr. 5). Das war Alexandrov aber nicht genug. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren in Europa Belustigungsgärten in Mode. Unser kühner Unternehmer entschied auch so einen Garten zu bauen, aber mit grossem Aquarium, um gegen eine Gebühr verschiedene Meeres- und Süßwasserfische zu zeigen. Aber die Entwicklung von "Aquarium" ging irgendwie in eine andere Richtung. Die feierliche Eröffnung fand mit einem Konzert des Orchesters von Reinhold Engel statt, der Chor von Archangelsk trat zweimal pro Woche auf. Alle Zeitungen schrieben, "Aquarium" sei eine begehrte Vergnügungsinstitution geworden und zog mehr und mehr Publikum an. Luftballons wurden abgefeuert, bunte Feuerwerke und Aufführungen von Drahtbalancern arrangiert. Auch im Winter war der Garten nicht leer, hier wurde das Eishaus eröffnet, das eine Kopie des Eishauses war, das Kaiserin Anna Ioannovna 1740 an der Newa zur Hochzeit des Narren Golitsyn errichten liess. Und einmal im Winter erlebte die Öffentlichkeit einen echten Schock, als im Aquarium ein eiskalter Turm mit einer Höhe von 35,5 Metern errichtet wurde. Es war von zahlreichen Laternen und Edisson-Glühbirnen beleuchtet. Zwei Stufen führten nach oben und für einen Rubel konnte man die höchste Plattform des Eisturms besteigen und sich in der Nachbarschaft umsehen. Wie Sie sehen, wurde das Konzertprogramm immer vielfältiger, die Besucher wurden immer anspruchsvoller. Und die unerschöpfliche Vorstellungskraft von Georg Alexandrov führte dazu, dass gerade dieser Ort die Wiege des russischen Kinos wurde. Hier fand die erste Filmschau in Russland statt. Auf dem Plakat, das die Eröffnung der Sommersaison ankündigte, stand: "Zum ersten Mal in Russland: Lebendige Fotos. Cinema Lumiere. Das letzte Wunder der Wissenschaft!" Am nächsten Tag schrieben die Zeitungen, dass dieses Spektakel großes Aufsehen erregte und der Applaus nicht aufhören wollte. Das Petersburger Publikum war bereit, jeden Tag großzügig zu zahlen, um die "Lebendigen Fotos" noch einmal zu sehen. Der unternehmungslustige Alexandrov übernahm die Organisation seines eigenen Filmstudios. Es gelang ihm, Geschäftspartner zu finden, die sich mit der Produktion von Filmen und Geräten in Russland beschäftigten. Das erste Filmstudio in Russland wurde 1907 eröffnet. 1912 starb Aleksandrov, Aquarium wurde als eine Eisbahn gestaltet, während des ersten Weltkriegs war hier ein Spital. Nach der Oktoberrevolution 1917 wurde das Unternehmen verstaatlicht und seit 1934 heißt das Studio Lenfilm, wobei die ersten drei Buchstaben von Leningrad abgeleitet wurden, dem Namen Sankt Petersburgs in den Jahren von 1924 bis 1991. Dort war eine Reihe berühmter Regisseure tätig, darunter Sergei Eisenstein, Sergei Gerassimow und Wladimir Menschow.

7. Der Österreichische Platz

Die ersten Gebäude an der Kreuzung von Kamennoostrovskij Prospekt und Bolshaya Oruzheynaya Strasse entstanden noch im 18. Jahrhundert. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts bestand ein beträchtlicher Teil des Landes aus Gemüsegärten. Der moderne Österreichische Platz bekam seine achteckige Form am Ende des 19. Jhs und der Bau von Mietshäusern begann am Anfang des 20. Jahrhunderts. Das Ensemble des Platzes wurde vom Architekten Vasily Shaub entworfen. Nach seinen Entwürfen entstanden ausdrucksvolle Gebäde im Jugendstil, Kritiker lobten Originalität und Raffiniertheit der Gestaltung. Im Gegensatz zum typischen für Sankt Petersburg Klassizismus entstand das Schaub-Ensemble als eine Mischung aus Jugendstil und Barock. Das gesamte Gebiet wurde charakterisiert als "vollständig aus der deutschen Stadt umgepflanzt". Der Platz blieb namenlos und die Häuser wurden der Straßen entlang separat nummeriert. Nach einer Version wurde der Platz als eine kleine Kopie von Kopenhagener Amalienborg konzipiert.
Den Namen bekam der Platz erst im Jahr 1992 als Zeichen freundschaftlicher Beziehungen zwischen Russland und Österreich. Vielleicht spielte hier eine wesentliche Rolle die Ähnlichkeit des Baustils mit der Architektur der österreichischen Hauptstadt. Übrigens wurde als eine der Varianten auch der „Wiener Platz“ in Betracht gezogen.

7.1.Das Mietshaus von Kehldal

Zu den Werken vom Archtikten Schaub gehört auch das Mietshaus von Kehldal. Die zentrale Fassade wurde in Bezug auf die rote Linie zurückgesetzt, die Hauptakzente der architektonischen Komposition sind der Turm mit Glockenspielen, auf dem sich früher eine Wetterfahne und ein facettiertes Erkerfenster befaden. Der dynamische Eindruck der Fassadenkomposition entsteht aus dem Kontrast zwischen der glatten und körnigen Verzierung, zwischen Fenstern und Balkonen verschiedener Formen sowie dank zahlreichen Details so wie Ornamente, Majolika, Stuckleisten. In dem ursprünglichen Projekt von Schaub wurde das Gebäude mit drei zeltförmigen Oberteilen gekrönt, die jetzt leider verloren gegangen sind. In der Mansarde mit den grossen Fenstern auf die Mir Straße befand sich die Werkstatt des Architekten Wladimir Schtschuko, der von 1924 bis 1935 hier lebte. Wie jeder Künstler brauchte er viel Licht, gerade hier entstanden seine Projekte und Skizzen für das Theater. Aber die Hauptbeschäftigung des Architekten waren Planung, Konstruktion und Design von neuen Gebäuden. Wichtige Werke sind die Lenin-Statue vor dem Petersburger Finnischen Bahnhof, die erste Ausbaustufe der Moskauer Leninbibliothek. Auf unserem Weg werden wir auch eines seiner Werke besichtigen. Zudem wirkte er zusammen dem anderen wichtigen Architekten der Sowjetzeit Helfreich am Entwurf des Palasts der Sowjets mit. Also folgte ein Wettbewerb dem anderen, fast bis zu zwei Dutzend Menschen arbeiteten in der Werkstatt. Schtschuko hat selbst alles gemacht und geprüft, von den ersten Skizzen bis hin zu Arbeitszeichnungen und Vorlagen. Für jedes Projekt wurden auch mehrere Varianten festgelegt. Wenn es zu wenig Zeit gab oder die Bahren mit Zeichnungen zu groß waren, wurden sie einfach aus den Fenstern abgesenkt.

7.2.Das Mietshaus von Ernst von Lipgart

Auch von Schaub wurde das Mietshaus von Ernst von Lipgart gebaut. Er war Akademiker der Malerei und der Hauptleiter der Gemäldegalerie von der Eremirage. Hier war seine Werkstatt, deshalb sind die Fenster oben auch sehr groß. Wieder um mehr Licht zu gewinnen. Nicht weit von hier ist auch einer der wenigen offen gebliebenen Höfe von der Petrograder Seite. Wir haben schon viele schöne Fassaden gesehen, jetzt erfahren wir, wie das Leben von solchen Mietshäusern von innen gestaltet wurde. Im Zentrum der Stadt, am Newskij Prospekt befinden sich große reiche Paläste. Aber nur wenige Menschen konnten sich ein Haus bauen, viel günstiger war eine Wohnung zu mieten. Und wenn ein erfolgreicher Geschäftsmann noch ein bisschen Geld verdienen wollte, hatte er ein oder sogar mehrere Mietshäuser bauen lassen und vermietet. Anfang des 20. Jahrhunderts wohnten in Sankt Petersburg 3,5 Millionen Menschen. Nur 5% davon waren Hausbesitzer. Sie gingen davon aus, dass eine Wohnung Vertreter von verschiedenen Sozialschichten brauchten. Auf solche Weise wurden große helle Wohnungen für wohlhabende Familien gebaut. In solchen geräumigeren Wohnungen betrug die Fläche der Zimmer 15 bis 30 m² und die Anzahl der Zimmer 2 bis 6, ausgenommen Küche und Zimmer für die Bediensteten. Aber es gab in den oberen Etagen auch andere Wohnungen, kleiner und dunkler. Da war auch das Publikum einfacher. Mansarden, Mezzanine und Dachböden wurden in der Regel an Studenten oder an arme Militärangehörigen im Ruhestand vermietet. Trotz des Verbots des Baugesetzes wurden den Armen sogar Keller und Untergeschosse vermietet. Ein ständiger Strom von Beamten, verschiedenen Spezialisten, die zum ständigen Aufenthalt nach Sankt Petersburg kamen, gab stabiles Einkommen dem Hausbesitzer und deshalb wurde mehr und mehr Mietshäuser gebaut. Sehr dicht, Wand an Wand, und alle diese Häuser wurden miteinander durch ein verwirrendes Netz von Innenhöfen verbunden. Und einen Hof besichtigen wir jetzt.

7.3.Innenhöfe und das Haus des Hausmeisters

Was interessant ist, waren genau die Wohnungen mit den Fenstern auf die Straßen als reprasentativ und teuer wahrgenommen. Heute ist es für uns merkwürdig. Wieso, denn in solchen Wohnungen hört man den Straßenlärm ganz gut und Staub von der Straße kommt direkt durch das Fenster. Der Grund dafür ist, dass der damalige Blick in den Innenhof überhaupt nicht angenehm war. Die Mietshäuser wurden immer mit einem Hof konstrueiert. Auf solche Weise entstanden diese Brunnenhöfe, die wir heute bewundern und die so groß zu sein scheinen. Damals gab es für solche Höfe ganz praktische Gründe. In erster Linie hat man die Lüftung dank solchen Höfne gestaltet. Dazu kommt auch die Beleuchtung. Die Stromleitung war sehr teuer und nur wenige Häuser hatten sie, also versuchte man möglichst viel Tageslicht zu gewinnen. Aus diesem Grund wurden auch vertikale Höfe gebaut, die wir ein bisschen später sehen werden. Der nächste Punkt ist die Kanalisation. Wieder, nicht alle Häuser hatten sie und für Abfälle gab es im Hof eine Senkgrube. Dazu auch Pferde, die das wichtigste Verkehrsmittel der Stadt fast bis zu den 1920-er Jahren blieben. Also können Sie sich schon vorstellen, was für Aroma in diesen Höfen herrschte. Auch stand um den Hofsumfang das Holz. Der Winter ist bei uns bis heute noch lang und kalt. Damals war es noch kälter, man brauchte viel Holz fürs Heizen. Und wenn eine Wohnung gemietet wurde, wurde dieser Moment zusätzlich besprochen und warme Miete bedeutete damals, dass der Preis von Holz auch in die Rechnung aufgenommen wurde. Jetzt denke ich, es ist verständlich, warum die Wohnungen mit den Fenstern auf den Innenhof viel billiger waren. Hier sehen wir noch ein kleines Häuschen, heute ist hier das kleinste Cafe in der Stadt, aber einmal war es das Haus des Hausmeisters. Zusammen mit der Stelle bekam der Hausmeister auch dieses Haus. Seine Arbeit war sehr wichtig. Eigentlich war das der erste kommunale Dienst, der den Hof und Straßen vor den Häusern sauber hielt und im Winter den Bürgersteig von Schnee säuberte und Sand auf die Straßen streute. Später mussten die Hausmeister auch den Brandschutz überwachen. Sie waren auch verpflichtet „...darauf zu achten, dass es keine Aufkleber, Plakate gibt, keine anonymen Briefe oder Gegenstände vorhanden sind". Später, da die Hausmeister alle Einwohner kannten, wurden sie mit der Überwachung beauftragt. Das war unter anderem mit den Attentäten auf den Zaren Alexander II. verbunden. Alle Hausmeister mussten die ankommenden und abreisenden Einwohner und ihre Gäste in ein spezielles Buch eintragen. Die Ankünfte sollten innerhalb von 24 Stunden gemeldet werden. Für die nicht registrierten Vermieter stand eine riesige Geldstrafe: fünf Rubel pro Person pro Tag. Die Hausmeister hatten eine Uniformin: im Winter kurzen Pelzmantel oder Schaffellmantel, der vor Kälte schutzte, aber die Bewegung behinderte. Sie hatten auch eine Pfeife, wenn es ununterbrochen gepfiffen wurde, hiess das, das der Hausmeister Hilfe der Polizei brauchte. Wenn sie freundlich und nett waren, bekamen sie von Einwohnern auch ein bißchen Trinkgel. Zum Beipiel, wenn jemand zu spät nach Hause kam, war das Hofstor schon geschlossen. Und der Hausmeister musste aufstehen, das Tor öffnen und den verspäteten Einwohner einlassen.

8. Der Konstruktivismus, das Umspannwerk, Lenin-Straße 4

Das geraue Gebäude gehört zum Komplex der Umspannwerke des Wolchower Wasserkraftwerks. Wolchower Wasserkraftwerk ist das älteste (1927) und am längsten in Betrieb bleibende Wasserkraftwerk. Das ist das lebendige Denkmal der Wissenschaft und Technik. Die Leistung des Wasserkraftwerks beträgt 86 MW, die durchschnittliche Jahresleistung 347 Mio Kilowattstunden. Das Wasserkraftwerk spielte eine große Rolle in der Entwicklung der Industrie des Landes in den 1920-er und 1930-er Jahren, sowie in der Stromversorgung vom belagerten Leningrad während des Großen Vaterländischen Krieges. Wozu werden solche Umspannwerke gebaut? Zur möglichst verlustarmen Übertragung der elektrischen Energie vom Kraftwerk zum Verbraucher wird die elektrische Energie über mehrere Spannungsebenen transportiert. Die optimale Spannungsebene wird je nach zu übertragender Leistung und der Entfernung gewählt. Im Umspannwerk erfolgt die Transformation der elektrischen Energie zwischen zwei oder mehreren Spannungsebenen. Wie viele andere Gebäude der damaliger Zeit (1920-1930) wurde auch dieses im Konstruktivismus gebaut.
Der Konstruktivismus ist eine streng gegenstandslose Stilrichtung der Moderne in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Die Richtung hatte zeitweise den Charakter einer politischen Bewegung und wurde im revolutionären Russland und in der Sowjetunion entwickelt. Das ist auch leicht zu verstehen. Früher war die Zarenzeit, in der für reiche Menschen riesege verzierte Paläste gebaut wurden. Die neue Zeit und neue Politik brauchten eine andere Form, die sich komplett von Renaissance, Barock und Klassizismus unterscheiden würde. Wenn man in der modernen Kunst vom Konstruktivismus spricht, bezeichnet man damit eine Form der künstlerischen Gestaltung, die sich aus kontrollierten Elementen und bestimmten definierten Beziehungen zusammensetzt. Der Künstler konstruiert ein Bild, eine Skulptur oder ein Gebäude, wobei die Maßeinheiten, d.h. die Relationen der Elemente exakt vorgegeben sind. Oftmals gingen einem konstruierten Werk wochenlange Planungen und mathematische Berechnungen voraus. Der Konstruktivismus setzte sich das Ziel, eine Kunst zu schaffen, die den Bedingungen einer wissenschaftlichen und technischen Zeit entspricht und dem in ihr lebenden Menschen ein entsprechendes ästhetisches Erleben vermittelt. Und heute kann man sagen, dass dieses Experiment erfolreich war. Wenn man von der Architektur der frühen Sowjetzeit spricht, entsteht vor dem inneren Auge etwas diesem Umspannwerk ähnliches.

9. Das Badehaus der Fürsten Beloserski, Paul Suzor

Paul Suzor, der das Singer-Haus an der Ecke vom Newskij Prospekt gebaut hat, war ein aktiver Befürworter von Bädern. Nach seinen Projekten wurden zwölf öffentliche Bäder gebaut. Der Architekt beschränkte sich nicht nur auf den vor ihm liegenden Aufgabenbereich, sondern konzipierte auch große Kultur- und Erholungskomplexe mit Schwimmbädern, Wäschereien, Kantinen und Lesesälen.
Gebaut wurde das Badehaus auf Kosten der Fürsten Beloserski, die anschließend dieses Bad der Stadt übergeben haben. Daher wurden die Bäder Beloserski genannt. Beim Bau der Bäder wurden bestimmte Anforderungen berücksichtigt: Die Wandstärke sollte 2,5 Ziegel betragen, die Deckenhöhe sollte mindestens 3,6 m betragen, die Rahmen waren doppelt und die Fenster undurchsichtig. Der Boden bestand aus Asphalt, das heißt, er war rutschfest, die Wände hatten bemalte Schiffsverkleidung an.
Bei den Bädern wurde auch für besondere Belüftung gesorgt, das heißt, „die Außenluft wurde erwärmt“. Die Öfen waren gekachelt, für sie wurde rauchfreie Cardiff-Kohle verwendet. Vor kurzem stießen die Arbeiter beim Renovieren in einer der Wände auf einen Schatz. In einer kleinen Nische standen eine alte Flasche dunkelgrünes Glas mit Siegellack und ein Becher aus verzinktem Blech. Vielleicht war es ein Geschenk für den „Herrn des Bades“. Tatsächlich wohnte nach den Vorstellungen unserer Vorfahren ein besonderer Geist in den Bädern, der Bannik genannt wurde. Der Legende nach versteckte er sich normalerweise hinter einem Ofen oder unter Bänken und war entweder ein ungewöhnliches Tier oder ein kleiner alter Mann mit langen Haaren und einem Bart, mit langen Nägeln an Händen und Füßen. Bannik wurde respektiert, aber man hatte Angst vorm Treffen mit ihm. Und wenn man das Bad verließ, dankte man ihm und ließ ein bisschen Wasser, Seife und einen Besen, damit er sich auch waschen konnte. Niemand wagte es, um Mitternacht ins Badehaus zu gehen: in dieser Zeit waren die Banniks die einzigen Herren des Badehauses: sie dampften und wuschen sich. Aber Sie können ruhig sein, heute lebt da kein Bannik, denn das Gebäude wurde rekonstruiert und das ist ein Geschäftszentrum.

10. Das Mietshaus Kolobovs

Das Mietshaus von Brüdern Kolobov ist einerseits ein Beispiel für ein feierliches und unglaublich luxuriöses Gebäude im eltären Teil von Sankt Petersburg, andererseits ist es ein glänzender Vertreter der modernen Straßenkunst. Herr Lukomsky, russischer Historiker und Kunstkritiker schrieb über dieses Haus so: “Sie bauen fast absichtlich die besten Gebäude in den dunklen, heruntergekommenen Seitenstraßen der Petrograder Seite. Und hier steht ein schönes Haus, das so interessant geplant ist und dem Kamennoostrovskij Prospekt so passen würde, leider ist es in einer abgelegenen Gasse aufgestellt, so dass jemand, der Jahre lang in der Hauptstadt lebt, es nicht sieht, obwohl es umkegehrt hätte ausgestellt werden sollen.„ 1908 begann der Architekt Sergej Ginger im Auftrag der Holzhändler, Brüder Kolobov, mit dem Bau eines Mietshauses. Das prunkvolle Haus im Stil von Neobarock wurde sofort zum Wahrzeichen der Petrograder Seite. 1912 wurde es sogar mit einem Diplom beim Wettbewerb der Stadtfassaden ausgezeichnet, was an sich schon viel aussagt.
Es ist anzumerken, dass die Brüder Kolobov zu dieser Zeit sagenhaft reich waren. Bis zum Jahr 1917 besaßen sie vierzig Mietshäuser, dazu rechnen wir auch das Einkommen vom Sägewerk auf der Kleinen Newka. Allerdings waren sie nicht nur reich, sondern verstanden von den modernen Tendenzen in der Baukunst. Als sie den Architekten Ginger mit dem Bau dieses Hauses beauftragten, verzichteten sie auf den beliebten Jugendstil. Das Haus sollte im etwas seltsamen und sogar prätentiösen Neobarockstil gestaltet werden. Zusammen mit rein dekorativen Elementen hat das fünfstöckige Gebäude eine interessante Planung. Die Blocks sind in einem großen Dreieck verbunden, von der Seite der Leninstraße liegt ein Innenhof, der seine Gäste freundlich empfängt. Beiderseites von dem Eingang sind zwei Erkerfenster, die die mächtigen Atlanten auf ihren Schultern halten. Wenn Sie das Haus von der Seite der Pushkarskaja Straße betrachten, sehen Sie eine halbrunde Apsis mit drei Loggien, in deren unterem Bereich sich Karyatidenfiguren befinden. Wenn Sie um das Haus herumgehen und davor stehen, können Sie eine mit malerischen Graffitis geschmückte Brandmauer sehen: Das Bild stellt die Umrisse von Häusern dar, zwischen denen ein bunter Fluss fließt. Das kann als ein Symbol für die moderne Kunst gesehen werden, das sich auf den Straßen des alten Petersburgs durchsetzt.
Nach der Revolution beherbergte das Haus typische Kommunalkas, also Gemeinschaftswohnungen. Dass Petersburg in Russland die meisten Kommunalkas sein Eigen nennt, ist leicht zu erklären. In der Hauptstadt des Zarenreiches lebten der Adel und das reichste Bürgertum. Hochherrschaftliche Häuser mit zehn und mehr Zimmer umfassenden Wohnungen bestimmten das Zentrum der Stadt. Nach der Revolution von 1917 gingen viele Adelige und Großbürger in die Emigration; ihre Domizile wurden aufgeteilt und mit Arbeiterfamilien aus den Vorstädten besiedelt. Der ehemalige Wohnungsbesitzer, wenn er denn nicht geflohen war, musste sich fortan mit einem Bruchteil seiner Bleibe begnügen.
Eine Keimzelle der „befreiten Gesellschaft“ sollten die Kommunalkas werden, ein neues Lebensmodell sollten sie verwirklichen. In Wahrheit wurden diese erzwungenen Kommunen zu einer unendlichen Quelle sozialen Sprengstoffs. Menschen unterschiedlichster Schichten und Gewohnheiten waren und sind gezwungen, auf engem Raum nebeneinander zu leben. Nicht selten kommt es zu Konflikten, zu endlosem Streit.
Petersburg bemüht sich seit Jahrzehnten, das Problem Kommunalka zu lösen. Zwar sind seit den 1960er Jahren massenweise Neubausiedlungen rund um die historische Innenstadt entstanden, zudem wurden viele Zwangs-Gemeinschaften dann im Zuge der Privatisierung seit Anfang der 1990er Jahre aufgelöst. Das Phänomen an sich ist jedoch zäh und schier unausrottbar. 744.000 Petersburger oder 15 Prozent der Bevölkerung Petersburgs leben heute noch in Kommunalwohnungen (Ende der 1980er Jahre war es noch knapp ein Drittel). Die städtische Warteliste für die Bereitstellung kostenlosen Wohnraums (ein weiteres Relikt sowjetischer Zeiten) bewegt sich seit Jahren kaum vom Fleck.
Der Boom der Auflösung der unfreiwilligen Wohngemeinschaften durch Übergang in Privathand ist vorbei. Alle Wohnungen, die durch ihre Lage und ihren Zustand lukrativ für einen betuchten Käufer waren, sind längst verteilt. Es bleiben die Kommunalkas in den Hinterhöfen und den abbruchreifen Häusern der zentralen Stadtteile. Wer dort wohnt, hat so gut wie keine Chance, seine Wohnverhältnisse zu verbessern.
Aber zurück zu dem ehemaligen Eigentümer des Hauses, Fjodor Kolobov. Seine Häuser und Sägewerke wurden verstaatlicht, er fand Zuflucht in einer separaten Wohnung, die anschließend mit den Bewohnern „verdichtet“ wurde. Leider hat er da sein Leben in Armut beendet. Obwohl er Geld und Möglichkeit hatte, wollte er nicht ins Ausland und blieb in Petersburg. Was interessant ist, hier, in diesem Haus wohnt bis heute noch seine Enkelin.

11. Der Matthäus-Garten

Vielleicht war ein Grund für so eine merkwürdige Wahl des Stils fürs Haus die Nähe zu der Barockkirche. Wir gehen jetzt durch den Matthäus-Garten. Dieser Name ist auf die Tatsache zurückzuführen, dass sich auf diesem Territorium zuvor die Matthäus-Kathedrale befand. Wie sie vielleicht wissen, wurde die Peter-Paul-Kathedrale, die heute auf der Haseninsel steht, später gebaut. Zuerst stand da eine einfache hölzerne Kirche, die mit dem Bausanfang der neuen steinernen Kathedrale umgesiedelt wurde. Sie wurde hierher gebracht, wieder aufgebaut, aufs Neue eingeweiht. Hier wurde die Ikonostase der ersten hölzernen Peter-Paul-Kirche beibehalten. Im 19. Jahrhundert wurde sie im Stein umgebaut und 1932 leider auf Erlass des Leningrader Exekutivkomitees geschlossen und gesprengt. Die Trümmer wurden in der Mitte des Gartens vergraben und auf solche Weise entstand dieser Hügel hier.
Rechts sehen Sie die erste automatische Telefonzentrale der Stadt, die 1932 in Betrieb genommen wurde. Für sie wurde ein besonderes Gebäude im Stil Konstruktivismus errichtet (Leninstraße 5). Die Fassade des Gebäudes ist mit Bändchenfenstern und zwei vorspringenden Treppenhäusern mit Vollverglasung geschmückt. Die Station war mit Geräten ausgestattet, die im Werk Krasnaja Sarja hergestellt wurden, und hatte eine Kapazität von zehntausend Nummern. Am 4. Juni 2019 wurde der Gebäudekomplex zum Verkauf angeboten. Die Gesamtfläche beträgt 7.000 m², die Grundstücksfläche beträgt 0,45 ha. Der Preis beträgt nur 600 Millionen Rubel, also wenn Sie schon lange an den Erwerb von Immobilien in Sankt Petesburg gedacht haben, ist das Ihre Chance!

12. Das Hausvon drei Benois

Durch den Garten kommen wir zu dem letzten in unserem Programm Mietshaus, das auch das Haus von drei Benois genannt wird. Das ist ein Geschichts- und Kulturdenkmal regionaler Bedeutung. Gebaut wurde es 1912 im Auftrag vom Ersten Russischen Versicherer im neokassiyistischen Stil. Warum heißt es gerade das Haus von drei Benois? Logischerweise, weil es von drei Vertretern dieser Familie projektiert wurde. Die Familie Benois war eine bedeutende russische Architekten-, Künstler-, und Bühnenbildnerfamilie französischer Herkunft. Die Familie geht zurück auf den Konditor Louis César Benois, der während der französischen Revolution nach Russland emigrierte. Er wurde schließlich Vorkoster und Chefkoch am Hof von Zar Paul I. Die Familie brachte im 19. und 20. Jahrhundert eine Reihe bedeutender Architekten, Künstler und Bühnenbildner hervor. Leonti Benois verkaufte 1914 das Gemälde „Madonna mit Blume“ von Leonardo da Vinci, das Sie vielleicht in der Eremitage gesehen haben und das heute auch als Madonna Benois bezeichnet wird. (Er hat auch die Alexander-Newski-Kathedrale in Warschau, Russische Kapelle in Darmstadt und Russische Kapelle in Bad Homburg gebaut). In einem Pavillon östlich vom Schloss Peterhof wurde von Nikolai Benois 1988 ein Familienmuseum Musej Semji Benuain eröffnet, das Werke und Dokumente zur Geschichte der weitverzweigten Künstlerfamilie zeigt.
Die Fassaden sind mit hellgrauem Speckstein ausgekleidet, der speziell für den Bau aus Schweden geliefert wurde. Die weiche Plastizität wird durch elegante Zierdetails, niedrige Kolonnaden und Skulpturen unterstrichen. Der Eingang zum offenen Innenhof ist mit einer zweireihigen dorischen Kolonnade aus rotem Gangut-Granit verziert. Mit demselbe Stein ist der Keller des Gebäudes ausgekleidet, und mit seinen kleinen Fragmenten, die in Form eines Mosaiks ausgelegt sind, sind die Wände des ersten Stockwerks im Innenhof verziert. Alle Gebäude des riesigen Komplexes sind durch ein ganzes System von Höfen miteinander verbunden, von denen es mehr als zehn gibt. Der Häuserkomplex war für die damalige Zeit mit allen modernen Kommunikationsmitteln ausgestattet: Dampfheizung, eingebaute Aufzüge, Elektrizität, Garagen, Telefone. Es hatte ein eigenes Kraftwerk, einen Heizungsraum, eine Waschküche, eine Verbrennungsanlage und eine Schneeschmelze. Zu dieser Zeit war es die größte Wohnanlage in Sankt Petersburg. Im Erdgeschoss gab es verschiedene Läden.
Die Innenausstattung der Gebäude zeichnet sich durch die Funktionalität aus. Dieses „neue Haus“ schien Zeitgenossen jedoch fast ein ideales Vorbild für zukünftige Mehrfamilienhäuser in der Stadt zu sein. Es war eines der komfortabelsten Häuser des frühen 20. Jahrhunderts. Nach der Oktoberrevolution wurde im November 1918 ein Teil der Wohnungen des Hauses „verdichtet“ und in kommunale Wohnungen umgewandelt, und einige Wohnungen wurden Parteiführern, einschließlich Stadtführern, zur Verfügung gestellt. Zum Beispiel, Sergei Kirov lebte in diesem Haus von seinem Umzug nach Leningrad bis zu seinem Tod (1926-1934). Hier ist auch seine Museumswohnung.

13. Von der Barmaleev-Straße zum Großem Prospekt

Nach der Revolution entwickelt sich die Petrograder Seite weiterhin aktiv, das Bautempo wird jedoch erheblich reduziert. In der Sowjetzeit entwickelte sich der Bezirk zu einem Kultur- und Sportzentrum, und kleine Inseln wurden zu Orten für die Erholung der Bürger. In den 30er Jahren verwandelte die Steinerne Insel in ein Gebiet für Sanatorien und Krankenhäuser, in denen die Bürger in einer ruhigen Umgebung ihre Gesundheit verbessern konnten. Die Insel Elagin hat sich vollständig in das Zentrale Park für Kultur und Erholung verwandelt und ist bis heute so geblieben.
Im 20. Jahrhundert entwickeln sich auf der Seite von Petrograd Wissenschafts- und Bildungszentren. Hier befinden sich die Militärakademie, das Leningrader Elektrotechnische Institut, das Leningrader Institut für Mechanik und Optik sowie das Erste Leningrader Medizinische Institut nach Akademiker Pavlov benannt.
Die Petrograder Seite bleibt bis zu unserer Zeit der Wohnsitz der kreativen Intelligenz, Wissenaschaftler und reicher Abgeordneten. Durch die Bezirke von elitären Wohnungen kommen wir zu den neusten Sehenswürdigkwiten, zu den Symbolen des 21. Jahrhunderts in Sankt Petersburg: zum Lachta-Zentrum und der Gazprom-Arena.

14. Das Lachta-Zentrum

Sehr große Pläne hatte man schon früher, beginnend mit dem Turm von Tatlin. Einige Projekte waren so überraschend, dass die Einwohner von Sankt Petesburg dagegen kämpften. Sie wollten nicht, dass die klassizistishe Aussicht der Stadt durch einen Stilbruch zerstört war.
2012 beschloß man einen rieseigen Turm am Rande der Stadt zu bauen. Trotzdem ist dieser Turm heute fast von jeder Ecke der Stadt zu sehen. 2015 waren schon das Fundament und die Kellergeschosse fertig.
Interessant ist, dass während man das Fundament des Turms betonierte, erzielte man einen neuen Weltrekord für die größte ununterbrochene Betonage. Es wurde sogar ins Guinness-Buch der Rekorde aufgenommen. Und weiter im Januar 2018 wurde schon die Höhe von 462 Metern erreicht. Nach dem Plan muss das Innere des Gebäudes Ende 2020 vollendet werden. Das wird ein modernes Geschäftszentrum mit Büroräumen, einem Konferenzzentrum und verschiedenen Sportanlagen. Dazu kommt auch ein riesiges Kinderzentrum für Wissenschaft und Bildung (14 Tausend m²), ein großes Kino und ein kugelförmiges Planetarium.
Auch wird ein Resataurant auf einer Höhe von 315 m geplant, von dem man ein wunderschönes Panorama haben wird. Und noch 55 m höher wird es eine Aussichtsterrasse mit einer 360-Grad-Sicht geben. Da das Gebäude direkt am Ufer des Finnischen Meerbusens steht, warten auf Besucher auch verschiedene Wasser-Shows.

15. Die Gazprom-Arena

Die Ideen, ein großes Stadion zu bauen, hatte man schon lange. Eigentlich hatte Sankt Petersburg das Kirov-Stadion im Primorskij Siegespark. Aber das war schon geistlich veraltet und auf diesem Platz beschloß man ein neues moderneres Stadion zu bauen. Es wurde ein Wettbewerb veranstaltet und gewonnen hat der japanische Architekt Kisho Kurokawa. Sein Plan sah fast fantastisch aus: ein riesiger Raum für 60 Tausend Zuschauer, ein schließbares Dach und ein ausfahrbares Spielfeld. Natürlich brauchte man dafür eine bedeutende Geldsumme. Und seit dem Anfang des Baus sind die Kosten immer wieder gestiegen, bis sie wahnsinnige Zahl von 930 Millionen Euro erreicht haben. Insgesamt wurde dieses Symbol von Sankt Petersburg des 21. Jahrhunderts im Laufe von 9 Jahren gebaut. Endlich wurde im Jahr 2017 im Stadion eine Motoshow veranstaltet. Nur 10 Tausend Zuschauer waren anwesend, es war also die erste Probe. Dann wurden noch im Laufe eines Jahres die Bauarbeiten geführt, alle Fehler wurden behoben. 2018 wurden auf dem Platz einige Spiele der Fußballweltmeisterschaft ausgetragen.
Während des Jahres 2019 wurden im Stadion mehrere Konzerte veranstaltet, darunter auch ein Konzert von Rammstein. Und, was Fußballfans ziemlich cool finden, wird das Endspiel der UEFA Champions League 2020/21 auch gerade hier gespielt.

 

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