Seit dem 10. Juli wird im Allrussischen Museum für Dekorative und Angewandte Volkskunst die Ausstellung „Kein einfaches Spielzeug“ gezeigt. Das Projekt präsentiert das einzigartige Phänomen der Matroschka, die nicht nur das Symbol der traditionellen Nationalkunst sondern auch ein Beispiel interkultureller Beziehungen und Einflüsse ist.
Die Ausstellung schließt Exponate aus dem Allrussischen Museum für Dekorative und Angewandte Volkskunst sowie dem Staatlichen Kunstmuseum der Ostvölker und dem Kunstpädagogischen Spielzeugmuseum von Sergiev Possad ein.
Wie die Birke der russische Baum, der Wodka das russische Getränk, so ist die Matroschka die russische Puppe. Die bunt bemalte Schachtelpuppe aus Holz ist ein beliebtes Spielzeug und das bekannteste Souvenir aus Russland. Die aus Birken- oder Lindenholz gefertigte, ineinander schachtelbare Puppe entstand 1890 in der Werkstatt und dem Laden „Kindererziehung“ in Moskau. Der bekannte Maler Sergej Maljutin (1859-1937), Vertreter der neorussischen Kunstrichtung wurde von der japanischen Fukurama-Puppe, die die Frau von Sawwa Mamontov von der Insel Honshu mitgebracht hatte, inspiriert und kreierte eine Holzpuppe im russischen Stil. Der Drechsler Wassilij Zwjozdotschkin (1876-1956) fertigte die Puppe aus Holz an. Die erste Puppe bestand aus acht ineinander gestapelten Figuren, darunter auch eine, die als Junge bemalt wurde, und wurde wie eine hübsche russische Bäuerin mit einem Kopftuch und einem schwarzen Hahn unter dem Arm bemalt. Sie wurde als Spielzeug für Kinder gedacht und mit Fruchtbarkeit, Mutterschaft und Familie assoziiert.
Die Puppe enthielt den Namen Matroschka, der von einem der verbreitesten und beliebtesten weiblichen Namen Matrjona (liebevoll auch Matrjoschka, Matrjoschetschka genannt) stammt. Der Name kann vom lateinischen „mater“ (Mutter) abgeleitet werden.
Die meisten Matroschkas sind vorwiegend weibliche Figuren und werden auch heute noch von Hand gemacht. Die Anfertigung beginnt mit der kleinsten Puppe, an die die nächstgrößte angepasst wird. Erst nachdem der Satz komplett ist, werden die Puppen bemalt. Typisch für die traditionelle Matroschka sind große rabenschwarze Augen, rote Backen, ein nettes Lächeln, russische Tracht, Blumen in der Hand und ein Korb voller Früchten oder Brot unterm Arm.
Erstmalig wurde die russische Puppe auf der Weltausstellung in Paris 1900 ausgestellt, auf der sie vom Publikum hoch anerkannt und mit einer Bronzemedaille ausgezeichnet wurde. Weitete Massenherstellung in Werkstätten von Sergiev Possad und später in anderen Kunstzentren (in der Stadt, Semenow, in den Dörfern Polchowskij Majdan und Krutets sowie im Moskauer und Twerer Gebiet, in Baschkirien, Mordwinien, Mari El und anderen Regionen) machte die Puppe zu einem leicht erkennbaren Nationalsymbol.
Seit dem Erscheinen der ersten Matroschka haben sich einige Matroschka-Stile herausgebildet, die sich nach Farbe, Form und Maltechnik voneinander unterscheiden. Die wichtigsten sind folgende:
Moderne Matroschkas beeindrucken durch die Feinheit der Bemalung, Themen- und Formenvielfalt. Einige haben Gesichter von den bekanntesten Persönlichkeiten der Vergangenheit und der Moderne, andere werden nach Zarenfamilien oder ehemaligen Republiken der UdSSR bemalt. Es gibt auch solche, die kein Gesicht haben, sondern wie Gemälde bemalt werden.
Moderne Matroschkas in Tierform bzw. mit Gesichtern von Prominenten
Die ersten Matroschkas hatten drei bis sieben Puppen, inzwischen werden aber auch 13-, 15- und 20-teilige (oder noch größere) gefertigt. Die bisher “kinderreichste” Matroschka war ein Meter hoch und bestand aus 72 Teilen. Sie wurde 1970 in der Stadt Semjonow produziert.
Der Preis für Matroschka kann zwischen 5 und 100 Euro schwanken. Sehr hochwertig sind Matroschkas, bei denen sich die große Puppe von den kleinen am wenigsten unterscheidet.
Matroschka-Museen
In Russland gibt es Museen, die entweder komplett der Matroschka gewidmet sind oder sie als Teil der Ausstellung präsentieren.
Matroschka-Museum in Moskau
Das Geburtshaus der russischen Schachtelpuppe in Moskau, beherbergte viele Jahre die einzigartige Matroschka-Sammlung. Die Besucher konnten sich über die Geschichte und die Vielfalt der Matroschkas informieren, eine Nachbildung der ersten Matroschka sehen.
Leider wurde das Museum auf Beschluss des Ministeriums für Kultur der Russischen Föderation im Sommer 2013 geschlossen.
Matroschka-Riesen in Afimall-City in Moskau
2010 kreierte eine Gruppe von über 15 Künstlern unter Leitung von Boris Krasnow Matroschka-Riesen für die Russische Nationalausstellung in Paris. Diese gigantischen Matroschkas waren von 6 bis 13 Meter groß und wurden aus einem Stück Holz geschnitzt, sie konnten also nicht aufgemacht werden.
Diese Riesenpuppen sind in Afimall-City in Moskau zu sehen. Afimall-City ist ein großes Unterhaltungs- und Einkaufszentrum. Auf der 6. Ebene des Zentrums werden die Matroschka-Riesen ausgestellt.
Adresse:
Presnenskaja Nabereschschnaja, 2 (russisch: Пресненская набережная, 2)
Anfahrt:
Metro-Station “Wystawotschnaja” (russisch: Выставочная)
Öffnungszeiten:
täglich 10:00 bis 20:00 Uhr
Spielzeug-Museum in Sergijew Possad
Die Matroschkas sind nur ein Teil der Ausstellung des Spielzeug-Museums in Sergiew Possad. Unter den Exponaten ist auch eine der ersten Holzpuppen, die Anfang des 20. Jahrhunderts vom Wassilij Zwjozdotschkin, dem Matroschka-Vater, selbst angefertigt wurde.
Adresse:
Prospekt Krasnoj Armii (Prospekt der Roten Armee, 123) Sergijew Possad, Moskauer Region (russisch: пр-т Красной Армии, 123 Сергиев Посад, Московская область)
Info-Telefon: (+7 49654) 04101
Anfahrt von Moskau
Fahrtzeit: ca. 1 Std. 30 Min.
1. Elektrozug von Jaroslawer Bahnhof (russisch: Ярославский вокзал) bis zur Haltestelle “Sergiew-Possad”. Der Bahnhof befindet sich bei der Metro-Station “Komsomolskaja” (russisch: Комсомольская).
2. Bus 388 von der Metro-Station “WDNCH” (russisch: ВДНХ)
Öffnungszeiten:
Mittwoch bis Sonntag 10:00 bis 17:00 Uhr
Ruhetag: letzter Freitag des Monats
Das Museumsdorf Mandrogi
Mandrogi ist ein für Touristen nachgebautes russisches Dorf am Fluss Swir, 270 km von St. Petersburg entfernt. Das Dorf ist eine der Station bei der Flussfahrt zwischen Moskau und St. Petersburg.
Der Ort ist zurzeit als Künstlerdorf mit verspielten Holzhäusern im altrussischen Stil bekannt. Im Kunsthandwerks-Zentrum können die Besucher den russischen Kunsthandwerkern bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen, lernen, wie eine Matroschka entsteht und bemalt wird. In Mandrogi kann man auch andere typisch russische Souvenirs kaufen.
Es lohnt sich, diesen Teil Russlands, der größer als jedes andere Land der Erde ist, einmal zu besuchen.
zum Angebot